Kurs auf Rekordniveau: Wassersportbranche zieht Bilanz auf der Interboot

Deutscher Wassersportmarkt 2022 übertrifft voraussichtlich das Vorjahresergebnis – Gute Verkäufe auf der Interboot

Bootswerften und Händler der maritimen Wirtschaft in Deutschland und der Schweiz profitieren auch im Jahr 2022 vom ungebrochenen Run auf den Wassersport. Das bekräftigten die Teilnehmer des Branchengesprächs der 61. Interboot in Friedrichshafen am Dienstag, 20. September. Trotz hoher Inflation und drohender Energiekrise sowie Fachkräftemangel und Lieferkettenengpässen sei die Auslastung der Betriebe durch eine anhaltend gute Nachfrage der Kunden bis weit ins nächste Jahr hinein ausgezeichnet. Die Interboot bietet der Branche als erste Messe der neuen Saison noch bis zum 25. September eine Plattform und präsentiert mit 348 Austellern und vertretenen Firmen die große Bandbreite des Wassersports.

„Die Aussteller zeigen im Vergleich zum Vorjahr in Friedrichshafen nochmals verstärkte Präsenz und deren Stimmung ist bisher sehr positiv“, freut sich Messe-Chef Klaus Wellmann und sieht darin die Bestätigung, dass „die Interboot eine feste Bank im Kalender der Branche und der Wassersportfans weit über den Bodensee hinaus darstellt. Ebenfalls erfreulich ist, dass die Aussteller an den zahlreichen Ständen die Kaufkraft des Publikums aus der D-A-CH-Region loben“, resümiert Klaus Wellmann zum Wirtschaftsgespräch am Dienstag.

Bereits wenige Monate nach Ausbruch der Covid-19-Pandemie zeigte sich in der maritimen Branche geradezu ein Corona-Boom. Seit Sommer 2020 zogen internationale Reisebeschränkungen und strenge Abstandsgebote die Menschen in der Freizeit an und auf die Heimatreviere. „Die Verkaufszahlen schnellten auch bei Enjoy Yachting in die Höhe. Genug Vermögen ist grundsätzlich weiterhin vorhanden“, folgert Geschäftsführer Meik Lessig und stellt fest: „Die Klimathematik gepaart mit steigenden Energiekosten lösten bei uns bereits einen Wechseltrend pro Segelsport aus.“ Die Firma aus Seelze bei Hannover importiert Segelyachten von Beneteau und Motorboote von Cranchi und Astondoa. Lessig beobachtet aktuell: „Während die kauffreudigen Eigner von Zwölf-Meter-Yachten und darüber von Krisengejammer nichts mehr hören können, ist das Butter- und Brotgeschäft bei kleineren Einheiten schon zäher geworden.“

Ein ähnliches Ergebnis des Konjunkturbarometers vermeldet auch Karsten Stahlhut, Geschäftsführer des Bundesverbands Wassersportwirtschaft (BVWW), im ersten Halbjahr. Von Panik vor einer Rezession rede zwar kaum jemand in der Branche, die voraussichtlich das Rekordniveau des Vorjahres zumindest wiederholen werde. „Fast 40 Prozent der Betriebe sprechen sogar von einem besseren Jahr als 2021. Aber der Ausblick ist verhaltener, die Euphorie ist verflogen“, analysiert Stahlhut die Umfrage unter den Mitgliedern. Die Hemmschuhe der Marktsituation seien neben dem generellen Fachkräftemangel der fortlaufende Arbeitsausfall durch Corona und die noch stärker unterbrochenen Lieferketten durch den Ukrainekrieg und Lockdowns in China sowie Preisexplosionen bei Rohstoffen, Materialien, Strom und Gas.

Daniel Kallenbrunn, CEO bei der Schweizer KIBAG Marina aus Bäch, geht davon aus, dass am Hobby zuallerletzt gespart werde. „Manche kratzen jeden Rappen fürs Bootsfahren zusammen und kaufen eher weniger Alltags- oder andere Luxusgüter.“ Sein Unternehmen habe bei allen Herstellern wie Grandezza, Cobalt und Karel auch für 2023 kräftig vorbestellt und kann noch fast jedes Modell in der nächsten Saison liefern, wenn es auf der Interboot bestellt und bis Oktober konfiguriert wird. Die Übernahme der Brunnert Grimm AG durch KIBAG Anfang des Jahres sei positiv verlaufen, da sowohl die Kundschaft als auch Philosophie und Leidenschaft beider Unternehmen harmonierten.

„Die Menschen gehen aktiv aufs Wasser, nutzen ihre Wasserfahrzeuge intensiv und brauchen dadurch Ersatzteile, verbessertes Zubehör oder wollen gleich ein neues Boot“, berichtet Sonja Meichle als Geschäftsführerin von Ultramarin Meichle+Mohr (Kressbronn) von einem „Supersommer“, der sich auf der Interboot fortsetze. Die ersten Messetage spiegelten den bisherigen Saisonverlauf wider. Teils bis zu acht-malige Preiserhöhungen seit Jahresbeginn konnten gar nicht immer 1:1 an die Endverbraucher weitergegeben werden. „Das tat dem Umsatz bisher keinen Abbruch, dennoch sind wir vorsichtig, denn einen nicht enden wollenden Zuwachs kann es kaum geben“, betont Sonja Meichle.

Als Chef des gleichnamigen Familienunternehmens für Edel-Motorboote in Kilchberg/Schweiz kann Markus Boesch beruhigt nach vorne schauen. Seine Werft hat stets Material für ein ganzes Produktionsjahr vorrätig. „Gute Anfragen, auch auf der Interboot, füllen die Werkstatt, die schon bis Mitte nächsten Jahres ausgebucht ist. Allerdings ist es keine unbegrenzt unelastische Nachfrage und der Preis für ein Luxusprodukt nicht nach oben offen“, so das neue Vorstandsmitglied des Schweizerischen Bootbauerverbands.

Bei Bavaria Yachtbau in Giebelstadt wurde das Geschäftsjahr 2021/22 Ende Juli mit einer 30-prozentigen Steigerung der Produktion im Vorjahresvergleich auf mehr als 600 Boote abgeschlossen, berichtet Marcus Schlichting, der für Marketing und PR verantwortlich ist. „Das nächste Jahr ist bereits durchgeplant und erst zum Ende des Jahres 2023 können die Händler wieder Yachten bestellen. Eine Preisgleitklausel greift bei uns erst ab einer Lieferzeit von mehr als 18 Monaten. Das können wir aber aktuell und hoffentlich auch in Zukunft vermeiden“, sagt Schlichting.

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