

Friedrichshafen – Die Wassersportbranche blickt auf ein Jahr mit vielfältigen Herausforderungen zurück. Besonders im Bootshandel führte die Kombination aus hohen Neubootpreisen und einem Überangebot junger Gebrauchtboote zu einem schwierigen Marktumfeld. Beim Branchengespräch im Rahmen der Interboot am 25. September gibt es dennoch ein paar Lichtblicke. So berichtet Yves Bosshart, Geschäftsführer der ProNautik AG aus Romanshorn und Präsident der Regionalgruppe Bodensee beim Schweizerischen Bootbauer-Verband (SBV), dass die Kaufkraft der Schweizer zwar nach wie vor vorhanden, die Investitionsbereitschaft aber deutlich zögerlicher sei. „Unsere Landsleute sind in wirtschaftlich und geopolitisch kritischen Zeiten besonders vorsichtig. Da wird sich ein Bootskauf dreimal überlegt“, beschreibt er die aktuelle Lage. Trotzdem zieht er durch das breite Angebot der ProNautik AG eine „zufriedenstellende Saisonbilanz“, verbunden mit einem „vorsichtigen Optimismus auf eine Belebung 2026“.
„Das Interesse am Wassersport ist ungebrochen“
Auch Sonja Meichle, Vizepräsidentin des Verbands Maritime Wirtschaft Deutschland (VMWD) und Geschäftsleitung von Ultramarin in Kressbronn, betont: „Das Interesse am Wassersport und am Bootfahren ist ungebrochen. Das spüren wir in allen Bereichen unseres Komplettangebots: vom Besuch im Fachmarkt über die Bewegungen an der Tankstelle, bis zum Gebrauchtboothandel.“ Jetzt freut sich Sonja Meichle auf eine erfolgreiche Interboot und gute Geschäfte, wie das im vergangenen Jahr der Fall war. Für die Ultramarin-Geschäftsleiterin ist die Messe Heimspiel, Höhepunkt und Zukunftsbarometer zugleich: „Eine lebenswerte Umwelt sind wir der nächsten Generation schuldig. Die Diskussion um die Klimaneutralität am Bodensee verlangt aber Sachlichkeit und Realismus.“ Fortschritte müssten anerkannt werden, statt immer neue Einschränkungen zu fordern. „Ein 15-km/h-Limit halten wir genauso für Unfug, wie Skepsis gegenüber den non-fossilen Kraftstoffen.“
Preisdruck und Unsicherheit belasten den Markt
Zurückhaltender fällt das Fazit von Karsten Stahlhut, Geschäftsführer des Verbandes Maritime Wirtschaft Deutschland (VMWD), für den Gesamtmarkt aus: „Die Saison hat sich nicht so gut entwickelt, wie im Frühjahr erhofft“, resümiert er das Jahr 2025. Vor allem Segelboote und kleinere Motorboote blieben hinter den Erwartungen zurück, während sich große Motoryachten als stabil erwiesen. Als Ursachen nennt Stahlhut die schwächelnde Gesamtwirtschaft, den drohenden Arbeitsplatzabbau und eine spürbare Verunsicherung durch internationale Konflikte. Auch die Preisexplosion auf dem Bootsmarkt hinterlasse Spuren: Manche Bootsmodelle hätten sich im Laufe von fünf Jahren mehr als verdoppelt. Das bremse nicht nur potenzielle Käufer, sondern auch finanzierende Geldinstitute, die den Wertverfall schwer einschätzen könnten. Gleichzeitig drücke ein wachsendes Angebot gebrauchter Boote die Preise und verschärfe den Wettbewerb. „Die Babyboomer gehen allmählich in Rente“, berichtet Karsten Stahlhut. „Ihre Boote bleiben immer seltener in der Familie, sondern drängen zusätzlich in den satten Gebrauchtmarkt. Für die Käufer ist das positiv, da sie von Neubootrabatten und günstigen Second-Hand-Angeboten profitieren können. Aber das nützt der Branche leider wenig.“
Interboot bleibt feste Säule in der DACH-Region
„Der Markt ist hart umkämpft und führt auf breiter Front zu Rabatten“, bestätigt Michael Menken, Verkaufsleiter und Gesellschafter des Bootscenter Menken. Preisnachlässe von 15 bis 20 Prozent bei Neubooten bis 100 000 Euro seien inzwischen üblich. Dadurch schrumpften die Margen, sodass viele Händler kaum noch Anreiz sehen würden, neue Boote zu ordern. Hinzu kommt: Immer mehr Werften nehmen Kleinboote ganz aus dem Programm – obwohl sie für Einsteiger entscheidend sind. „Wir lassen unsere Eigenmarke deswegen in Italien auf eigene Kappe weiter bauen. Somit war die Saison 2025 unterm Strich für uns okay und das sollte auch im nächsten Jahr so bleiben.“ Einen wesentlichen Beitrag dazu würde die Interboot leisten. „Sie ist eine feste Säule in der DACH-Region, auf der wir viele Stammkunden treffen“, betont Michael Menken.
Nachwuchs vorhanden, aber Einsteigerboote fehlen
Neben der Klimaneutralität gewinnt das Thema Nachwuchsförderung in der Branche zunehmend an Bedeutung. Dass es bei den jüngeren Leuten durchaus Interesse am Bootssport gibt, macht Jens Böckmann, Gründer von Yachtverstand und Berater der Interboot-Sonderschau „Mein erstes Boot“, deutlich: „Es gibt Nachwuchs, nicht nur beim SUP oder Wingfoilen, sondern auch im klassischen Bootssport. Aber wir kriegen sie kaum aufs Wasser.“ Gründe seien hohe Einstiegspreise und fehlende Liegeplätze, aber auch ein unzeitgemäßes Image. „Viele Vereine müssen sich dringend modernisieren“, findet Jens Böckmann. „Beim Segeln wird bei Kindern und Jugendlichen viel zu einseitig auf den Regattasport gesetzt, obwohl die breite Masse Fahrtensegeln betreibt.“ Einsteigerstege, Fahrtrainings und nahbare Angebote könnten den Wassersport wieder zum Magneten machen, ist Jens Böckmann der Überzeugung. „Die gesamte Szene, auch die seriöse Branche, muss viel kreativer und flexibler werden, wenn es wieder bergauf gehen und Wassersport hipp bleiben soll.“
Verband bündelt Kräfte
Durch den Zusammenschluss des Verbandes Wassersport Wirtschaft (VWW) und des Deutschen Boots- und Schiffsbauer-Verbands (DBSV) zum Verband Maritime Wirtschaft Deutschland (VMWD) mit nun rund 700 Firmen habe die Branche immerhin in der politischen Auseinandersetzung zukünftig mehr Schlagkraft, um die Interessen der Mitglieder zu vertreten und gegen drohende Einschränkungen zu verteidigen, bekräftigt Karsten Stahlhut.
Ausblick: Hoffnung auf Belebung
Auch wenn 2025 nicht das erhoffte Aufschwungsjahr für die Branche war, überwiegt in der Vierländerregion am Ende trotzdem ein vorsichtiger Optimismus. „Gerade in solchen Situationen zeigt sich, wie wichtig Messen als Treffpunkt für den gemeinsamen Austausch sind“, ist Interboot-Projektleiter Felix Klarmann der Überzeugung. „Sie bieten nicht nur eine Plattform, um Neuheiten zu präsentieren, sondern auch, um den Dialog zwischen Herstellern, Händlern, Verbänden und Kunden zu fördern. Somit bleibt die Interboot ein unverzichtbarer Impulsgeber – gerade auch in herausfordernden Zeiten.“
Weitere Infos und Öffnungszeiten
Die Interboot 2025 findet vom 24. bis 28. September statt und hat von Mittwoch bis Samstag von 10 bis 18 Uhr geöffnet, am Sonntag von 10 bis 17 Uhr. Unter der Woche gibt es ein vergünstigtes Nachmittagsticket ab 15 Uhr: https://www.interboot.de/besuchen/oeffnungszeiten-tickets
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